Umsatzsteuerbefreiung für Ausfuhrlieferungen im nichtkommerziellen Reiseverkehr für den privaten Bedarf
Ausfuhrlieferungen von Unternehmern sind umsatzsteuerfrei. Das gilt unter bestimmten Voraussetzungen auch für Verkäufe von Unternehmern an Reisende aus Drittländern, also Staaten außerhalb der Europäischen Union (EU), im nichtkommerziellen Reiseverkehr für den privaten Bedarf. Man spricht vom „Export über den Ladentisch“. Eine unmittelbare Steuererstattung durch die Finanzämter an die Käufer ist dabei allerdings nicht möglich.
Die Steuerbefreiung wird dem Unternehmer gewährt, wenn
- der Käufer im Drittlandsgebiet ansässig ist,
- die Waren innerhalb von drei Monaten nach dem Kauf in das Drittlandsgebiet gelangen und
- der Gesamtwert der Lieferung einschließlich Umsatzsteuer 50 Euro übersteigt.
Die Steuerbefreiung gilt nicht für Lieferungen zur Ausrüstung und Versorgung von privaten Beförderungsmitteln.
Die Steuerbefreiung gilt ausschließlich für den Unternehmer. Wenn dieser die Voraussetzungen erfüllt, kann er Drittlandskäufern einen Preisnachlass in Höhe der Umsatzsteuer anbieten. Es empfiehlt sich daher für den Unternehmer, die Steuerbefreiung in Anspruch zu nehmen, denn dann kann er dem Käufer ohne erhebliche eigene Aufwendungen einen ins Gewicht fallenden Preisvorteil verschaffen. Die Höhe des Preisnachlasses ist daher Bestandteil des zwischen Unternehmer und Käufer abgeschlossenen Kaufvertrags.
Tipp: Beim steuerfreien Verkauf im Reiseverkehr sollte der Unternehmer dem Käufer zunächst den Preis für die gelieferte Ware einschließlich Umsatzsteuer berechnen. Dies hat seine Ursache darin, dass der Händler für die Steuerbefreiung gegenüber dem Finanzamt Nachweise erbringen muss, die er nur durch die Mitwirkung des Käufers im Anschluss an die Lieferung erhalten kann.
Liegen für den Unternehmer die Voraussetzungen der Steuerbefreiung vor, kann er dem Käufer einen Preisnachlass, in Höhe des Steuerbetrags, gewähren und diesen in bar oder unbar auszahlen, ggf. nach Abzug von Bearbeitungs- und Überweisungskosten.
Es besteht auch die Möglichkeit, Service-Unternehmen einzuschalten. Diese zahlen den Käufern an Grenzübergängen, insbesondere auch auf Flughäfen, gegen Aushändigung der zollamtlich bestätigten Ausfuhrbelege den Preisnachlass nach Abzug eines Bearbeitungsentgelts in bar aus. Die Service-Unternehmen, die in Vertragsbeziehungen zu den Unternehmern stehen, lassen sich die an die Reisenden bereits ausgezahlten Beträge gegen Vorlage der Ausfuhrbelege von den Unternehmern erstatten.
Wer ist Drittlandskäufer?
Drittlandskäufer sind Reisende mit Wohnort in einem Staat außerhalb der EU.
Für das Vereinigte Königreich Großbritannien und Nordirland ist ab dem 1. Januar 2021 zu unterscheiden. Obwohl Nordirland Teil des Vereinigten Königreich Großbritannien und Nordirland ist, wird Nordirland im Warenverkehr behandelt, als ob es EU-Gebiet wäre. Reisende mit Wohnort in Nordirland sind daher keine Drittlandskäufer. Reisende mit Wohnort in einem anderen Teil des Vereinigten Königreichs Großbritannien und Nordirland sind dagegen Drittlandskäufer.
Das gesamte EU-Gebiet sowie Nordirland gilt für Privatpersonen umsatzsteuerlich als einheitlicher Raum ohne Steuergrenzen. Jeder Einkauf eines Reisenden in einem EU-Staat oder Nordirland ist mit der Umsatzsteuer des Kauflandes belastet. Diese Besteuerung ist endgültig und bleibt auch nach dem Verbringen der Ware in einen anderen EU-Staat bestehen.
Wohnort ist der Ort, an dem der Käufer für längere Zeit eine Wohnung genommen hat und der als der örtliche Mittelpunkt seines Lebens anzusehen ist. Als Wohnort in diesem Sinne gilt der Ort, der im Pass oder sonstigen Grenzübertrittspapier eingetragen ist. Auf die Staatsangehörigkeit des Käufers kommt es nicht an. Der Wohnort im Drittland muss im Zeitpunkt der Lieferung vorhanden sein.
Was ist „Ausfuhr im nichtkommerziellen Reiseverkehr“?
Eine Ausfuhr im Reiseverkehr liegt vor, wenn der Drittlandskäufer die erworbene Ware im persönlichen Reisegepäck ins Drittlandsgebiet mitnimmt. Als Reisende gelten Touristen (Urlauber), Berufspendler, aber auch Käufer, die eigens zum Einkaufen aus dem Drittlandsgebiet in das EU-Gebiet kommen. Die Mitnahme der Ware im persönlichen Reisegepäck ist möglich im Handgepäck, im aufgegebenen Gepäck bei einer Bahn-, Flug- oder Schiffsreise oder in einem Pkw, auch in einem Kleintransporter.
Ein Fahrzeug, seine Bestandteile und sein Zubehör sind kein persönliches Reisegepäck.
Keine Ausfuhr im Reiseverkehr liegt vor, wenn der Käufer die Ware durch einen Spediteur, durch Bahn oder Post oder durch einen sonstigen Frachtführer in ein Drittland versendet oder wenn er die Ware nicht im üblichen Reisegepäck in das Drittlandsgebiet befördert, sondern z. B. Möbel oder größere Haushaltsgeräte in einem eigenen oder gemieteten Lkw dorthin transportiert.
Ein Verkauf im Reiseverkehr liegt auch dann nicht vor, wenn der Unternehmer die Ware, z. B. Möbel, mit seinem betriebseigenen Fahrzeug in das Drittlandsgebiet befördert oder wenn der Unternehmer die Ware durch einen von ihm beauftragten Spediteur oder sonstigen Frachtführer in das Drittlandsgebiet versendet.
Tipp: Es ist entsprechend dem Verwendungszweck der erworbenen Ware zwischen kommerziellem und nichtkommerziellem Reiseverkehr zu unterscheiden. Eine Ausfuhrlieferung im kommerziellen Reiseverkehr liegt vor, wenn die erworbene Ware für unternehmerische Zwecke bestimmt ist. Eine Ausfuhrlieferung im nichtkommerziellen Reiseverkehr liegt vor, wenn die erworbene Ware für den privaten Bedarf des Drittlandskäufers bestimmt ist.
Drei-Monats-Frist
Eine weitere Voraussetzung der Steuerbefreiung besteht darin, dass der Käufer die Ware vor Ablauf des dritten Monats, der dem Monat der Lieferung folgt, nachweislich in ein Drittland ausführt.
Beispiel: Der Drittlandskäufer kauft eine Ware am 6. März (Tag der Übergabe der Ware durch den liefernden Unternehmer). Er muss die Ware dann spätestens am 30. Juni desselben Jahres in das Drittlandsgebiet ausführen. Ob diese Voraussetzung erfüllt ist, kann der Unternehmer aus der Angabe des Datums auf der zollamtlichen Ausfuhrbestätigung ersehen.
Fehlt auf dem Ausfuhrbeleg die Angabe des Ausfuhrtages, muss der Unternehmer den Tag der Ausfuhr durch andere überprüfbare Unterlagen nachweisen (z. B. durch Nachweis der Auszahlung des Preisnachlasses innerhalb der Drei-Monats-Frist).
Wertgrenze
Auch bei Vorliegen der vorgenannten Voraussetzungen greift die Steuerbefreiung erst dann, wenn der Gesamtwert der Lieferung einschließlich Umsatzsteuer 50 Euro übersteigt. Für die Feststellung, ob die maßgebliche Wertgrenze überschritten wurde, wird der Rechnungsbetrag zugrunde gelegt.
Beim Einkauf mehrerer Gegenstände darf der Gesamtwert dieser Gegenstände nur zugrunde gelegt werden, wenn alle Gegenstände auf einer Rechnung aufgeführt sind und diese Rechnung von ein und demselben Unternehmer an ein und denselben Abnehmer ausgestellt wurde.
Der Rechnungsbetrag kann neben dem Entgelt und dem auf das Entgelt entfallenden Steuerbetrag auch Kosten für Nebenleistungen (z. B. Beförderung, Verpackung, Versicherungen) enthalten, die in die Ermittlung der Wertgrenze einzubeziehen sind.
Kein Steuerausweis auf Rechnung oder Kassenbon
Da der Unternehmer beim „Export über den Ladentisch“ in aller Regel Rechnungen mit Endpreisen (einschließlich Umsatzsteuer) erteilt, sollte er unbedingt darauf achten, nur Bruttopreise anzugeben, die Steuer also nicht gesondert auszuweisen. Denn bei einem Ausweis der Umsatzsteuer in der Rechnung schuldet der Unternehmer den Steuerbetrag auch bei Vorliegen aller Voraussetzungen für die Inanspruchnahme der Steuerbefreiung. Die Steuerschuld erlischt grundsätzlich erst dann, wenn eine wirksame Rechnungsberichtigung (Austausch einer Berichtigungserklärung, z. B. Gutschriftsanzeige) vorgenommen wurde.
Für Rechnungen über Kleinbeträge (Gesamtbetrag bis 250 Euro) bedeutet dies, dass der Steuersatz bzw. die Steuersätze nicht aufgeführt werden dürfen, denen die Warenlieferungen unterliegen. Bekanntlich kann bei Kleinbetragsrechnungen der Vorsteuerabzug bereits aus der Nennung des Steuersatzes ohne Ausweis des Steuerbetrags hergeleitet werden.
Tipp: Aus Vereinfachungsgründen ist eine Rechnungsberichtigung entbehrlich, wenn der Drittlandskäufer die ursprüngliche Rechnung bzw. den ursprünglichen Kassenbon an den Unternehmer zurückgibt und dieser den zurückerhaltenen Beleg bei seinen Buchhaltungsunterlagen aufbewahrt.
Notwendige Nachweise für die Steuerbefreiung
Zum Nachweis für das Vorliegen einer steuerfreien Ausfuhrlieferung im nichtkommerziellen Reiseverkehr gehören drei Bestandteile:
- Ausfuhrnachweis
- Abnehmernachweis
- Buchnachweis
Wie bei jeder sonstigen Ausfuhr muss auch beim „Export über den Ladentisch“ die Ausfuhr der Ware nachgewiesen werden. Der Abnehmernachweis, der gerade auch für die Fälle vorgeschrieben ist, in denen der Käufer die Ware selbst ins Drittlandsgebiet bringt, stellt eine zusätzliche Sicherung der tatsächlichen und endgültigen Ausfuhr dar. Beim Abnehmernachweis geht es darum, dass der Käufer im Zeitpunkt der Lieferung seinen Wohnort im Drittlandsgebiet haben muss.
Der Ausfuhr- und Abnehmernachweis muss durch Bücher oder Aufzeichnungen in Verbindung mit Belegen geführt werden. Belege werden durch die entsprechenden Hinweise und Bezugnahmen in den Aufzeichnungen Bestandteile der Buchführung und damit des Buchnachweises, so dass beide eine Einheit bilden.
Ausfuhrnachweis
Der Beleg über die Ausfuhr der Ware hat folgende Angaben zu enthalten:
- Name und Anschrift des liefernden Unternehmers
- handelsübliche Bezeichnung(en) und Menge(n) der ausgeführten Ware(n)
Tipp: Handelsüblich ist jede Bezeichnung einer Ware, die im Geschäftsverkehr dafür verwendet wird, so auch Markenbezeichnungen. Handelsübliche Sammelbezeichnungen sind ausreichend.
Beispiele: Baubeschläge, Büromöbel, Kurzwaren, Spirituosen, Tabakwaren, Waschmittel.
Dagegen reichen Bezeichnungen allgemeiner Art, die Gruppen verschiedenartiger Waren umfassen, nicht als handelsübliche Bezeichnung aus, z. B. „Geschenkartikel“.
Die Finanzbehörden beanstanden allerdings die in einem Ausfuhrbeleg verwendete handelsübliche Bezeichnung nicht, wenn die Ausgangszollstelle anhand der Angaben im Ausfuhrbeleg die Ausfuhr der betreffenden Artikel bestätigt. Damit ist ausreichend belegt, dass die Waren im Ausfuhrbeleg so konkret bezeichnet worden sind, dass die Ausgangszollstelle in der Lage war, die Abfertigung dieser Artikel zur Ausfuhr zu bestätigen.
- Ort und Tag der Ausfuhr
- Ausfuhrbestätigung der Grenzzollstelle des EU-Mitgliedstaats oder Nordirlands, über den der Käufer die Ware ausführt.
Abnehmernachweis
Der Unternehmer sollte sich durch Vorlage des Passes oder eines sonstigen Grenzübertrittspapiers des Käufers von dessen Eigenschaft als Drittlandskäufer überzeugen.
Zu dem Abnehmernachweis gehören als Angaben auf dem Beleg:
- Name und Anschrift (= Land, Wohnort, Straße und Hausnummer) des Drittlandskäufers
- Bestätigung der Grenzzollstelle, dass die Daten der Anschrift des Käufers in dem Beleg mit den Eintragungen in dem vorgelegten Pass oder sonstigen Grenzübertrittspapier übereinstimmen.
Belege
Für die Form des Ausfuhr- und Abnehmernachweises gibt es keine gesetzlichen Vorschriften. Vorgeschrieben sind lediglich die oben genannten Angaben.
Tipp. Es empfiehlt sich, die Nachweise mit Hilfe von Belegen zu führen, die dem Vordruckmuster des BMF entsprechen. Die Formulare können selbst hergestellt oder im Fachhandel und von bestimmten Wirtschaftsverbänden bezogen werden. Der Unternehmer kann die Nachweise aber auch mit Hilfe anderer Belege führen (z. B. mit Hilfe von Rechnungsdurchschriften oder sog. Tax-free-Cheques), vorausgesetzt, dass die Belege die in dem amtlichen Vordruckmuster geforderten Angaben und Bestätigungen enthalten.
Buchnachweis
Der Unternehmer muss neben dem Belegnachweis zusätzlich einen Buchnachweis führen. Dazu soll er aufzeichnen:
- handelsübliche Bezeichnung und Menge der ausgeführten Waren
- Name und Anschrift des Drittlandskäufers
- Tag der Lieferung
- das Entgelt (= Preis abzüglich der darin enthaltenen Umsatzsteuer)
- die Ausfuhr.
Aufbewahrung der Belege
Für die Steuerbefreiung kommt es außerdem darauf an, dass der Unternehmer in den Besitz der zollamtlichen Bestätigungen gelangt, indem der Käufer dem Unternehmer die entsprechenden Dokumente zurückreicht (z. B. beim nächsten Einkauf) oder zurücksendet oder indem der Unternehmer die Belege durch ein in die Steuererstattung eingeschaltetes Service-Unternehmen zurückerhält oder die Belege bei dem Service-Unternehmen im Inland aufbewahrt werden. Die Belege über die zollamtlichen Bestätigungen müssen auch dann im Original im Inland aufbewahrt werden, wenn sie elektronisch archiviert werden.